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Augenmerk auf Wirtschaft lenken

Eine wirtschaftspolitische Debatte möchten die Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen im Vorfeld der Kommunalwahlen am 13. September entfachen. Dazu haben sie sich das „Kommunalranking NRW 2020“, eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, in der ein Ranking für alle 396 Kommunen in NRW erstellt wurde, genauer angeschaut und unter anderem für Bochum ausgewertet.

Insgesamt 17 Indikatoren aus den vier Themenbereichen „Wirtschaft“, „Arbeiten“, „Wohnen“ und „Lebensqualität“ werteten die Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft aus und bildeten daraus ein Niveau-Ranking sowie ein Dynamik-Ranking, um die Entwicklung der letzten fünf Jahre abbilden zu können. Bochum landet in beiden Rankings trotz sichtbarer Erfolge in verschiedenen Bereichen auf hinteren Plätzen – viel Arbeit also nach wie vor für Stadtspitze und Stadtrat. „Die großen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen müssen vor allem in den Städten und Gemeinden angegangen, organisiert und umgesetzt werden. Wir möchten auf die Bedeutung der Wirtschaft  für unser Zusammenleben nicht nur in Deutschland, sondern vor allem ‚vor der eigenen Haustür’  aufmerksam machen“, sagt Dirk W.  Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen und in seiner Funktion in regelmäßigem Austausch mit Unternehmer*innen auch aus Bochum.

Indikatoren zur Erstellung des Rankings waren etwa die Breitbandversorgung von 200 Mbit/s für Gewerbegebiete, die Gewerbesteuerhebesätze, die Arbeitsplatzversorgung vor Ort sowie Wohnungsneubau, Wohnfläche und Anzahl der Baugenehmigungen. Mit dem Programm GigabitCity ist Bochum bei der Breitbandversorgung bereits vorbildlich aufgestellt und belegt innerhalb NRWs einen Spitzenplatz in dieser Kategorie. „Das ist ein echter Standortvorteil. Die Stadt hat vor einigen Jahren genau den richtigen Schwerpunkt gesetzt, das zahlt sich nun aus“, so Erlhöfer. Leider reißt die Kommune den Vorsprung an anderer Stelle: Der Gewerbesteuerhebesatz ist mit 495 Punkten exorbitant hoch. „Wenig attraktiv für Unternehmen, die auf der Suche nach einem passenden Standort sind“, weiß Dirk W. Erlhöfer, der die zahlreichen Ansiedlungserfolge im Stadtgebiet durchaus lobend anerkennt und würdigt.

Durch zahlreiche Hochschulen und Universitäten ist Bochum eine vergleichsweise junge Stadt – nun muss es gelingen, den gut ausgebildeten Nachwuchs auch zu halten. Wichtig dafür sind insbesondere gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, genügend Wohnfläche und Baugenehmigungen zur Erschließung neuer Wohngebiete. Ein Indikator ist der Wanderungssaldo, der in Bochum negativ ausfällt. Es ziehen also mehr Menschen aus der Stadt fort als dort hin. Positiv: Der Fortzug konnte immerhin verringert werden, was auch mit einem verbesserten Arbeitsangebot zusammenhängt. Und Bochum holt auch an anderer Stelle auf: Die Entwicklung der Baugenehmigungen ist im Vergleich zu anderen Kommunen deutlich positiv. „Wohnungs- und Häuserbau geht schneller als anderswo, das ist ein gutes Signal“, so Erlhöfer, der insbesondere die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen im Blick hat.

„Denn Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, sorgen für Kaufkraft und bieten jungen Menschen Perspektiven, in Bochum zu wohnen, zu bauen und eine Familie zu gründen. Für eine lebendige und lebenswerte Stadt.“ Genau das wolle er den Parteien und den Spitzenkandidaten vor der Kommunalwahl auch ins Pflichtenheft schreiben. „Wenn Bochum für die Wirtschaft attraktiv ist, ist sie das auch für weitere Investoren im Wohnungsbau, bei Infrastrukturprojekten und für Fachkräfte außerhalb der Stadt- und Landesgrenzen. Und wenn steigende städtische Einnahmen sinnvoll genutzt werden, können viele weitere Herausforderungen angegangen werden. Dann wird sich Bochum „gefühlt“ ohnehin schon längst deutlich besser aufgestellt, zukünftig auch faktenbasiert nicht mehr mit dem 8.697. Platz von insgesamt 10.554 Kommunen in Deutschland zufrieden geben müssen“, so Erlhöfer, der abschließend für eine weitgehende Altschulden-Tilgung der vom Strukturwandel gebeutelten Kommunen durch das Land plädiert. „Nicht als Aufforderung zum Weiterleben auf Pump, sondern als Würdigung der Erfolge bei der Haushaltssanierung und als Anreiz für Investitionen in die Zukunft, zum Beispiel in lokale Infrastruktur, Verbesserung des Bildungsumfeldes oder Senkung von kommunalen Steuersätzen.“