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Prognosen: Droht der Krisenmodus?

Seit mittlerweile 16 Jahren werden die Mitgliedsunternehmen der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen zum Jahreswechsel gefragt: „Wie gehen Sie das kommende Halbjahr an?“ Selten waren die Prognosen so düster wie aktuell für 2020.

„Wenn alle abgefragten Parameter wie erwartete Geschäfte, Erträge, Umsätze und Aufträge sowie die Beschäftigungsprognose rückläufig sind, können wir keine guten Nachrichten zum Jahresstart verkünden“, sagte AGV-Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer am Freitag in Bochum. Einem durchwachsenen Jahr 2019 könnte ein echtes Krisen-Jahr 2020 folgen.

Nur 12 % der befragten Unternehmen gehen von besseren Geschäften aus, rund 27 % stellen sich auf zurückgehende Geschäftszahlen ein. Ein weiteres Drittel geht von gleichbleibend schlechter Geschäftslage aus. Eine Mehrheit von fast 60 % der Befragten malt somit ein düsteres Konjunkturbild 2020. Die Metall- und Elektroindustrie, eine wichtige Leitbranche nicht nur im Ruhrgebiet, scheint zu Beginn des neuen Jahres bereits in der Krise angekommen zu sein. Lediglich 5 % der Unternehmen gehen von besseren Geschäften aus, 30 % befürchten eine schlechtere wirtschaftliche Situation. Insgesamt 70 % der Befragten sehen hier negative Konjunkturaussichten für 2020.  Vor Jahresfrist gingen noch 65 % von gleichbleibend guten bzw. besseren Geschäften aus. „In der M+E-Branche ist im Moment vieles in Bewegung. Viele Autohersteller und -zulieferer geraten aufgrund der E-Mobilität unter Veränderungsdruck. Hinzu kommen die Herausforderungen der Digitalisierung, unruhige und zum Teil abgeschottete Märkte sowie ungelöste politische Konflikte. Es ist klar, dass das zu Verunsicherung führt“, so Dirk W. Erlhöfer.

Branchenübergreifend sacken Auftragsprognosen aus dem In- und Ausland, Umsatz- und Ertragsprognosen im Gleichschritt ab. Auch mit Investitionen werden sich die hiesigen Unternehmen zunächst einmal zurückhalten. Durchschlagen wird diese Entwicklung erstmals seit Jahren auch bei der Beschäftigung. „Nicht nur die großen Industrie- und Energie-Konzerne, die immer neue Personalmaßnahmen verkünden, sehen weniger Personalbedarf. Das gilt auch für viele kleine und mittelständische Unternehmen. Das lesen wir dann nur nicht immer gleich in den Medien“, so Erlhöfer.

Mit Blick auf die Metall- und Elektroindustrie stellt er ausdrücklich fest: „Bei allen von uns abgefragten Parametern liegen die positiven Rückmeldungen zwischen 30 und 45 % und damit zum Teil deutlich unter der 50 %-Schwelle. Das ist ein ernstes Warnsignal.“ Und weil im Frühjahr 2020 die nächste Tarifverhandlung mit der IG Metall ansteht, fügt er abschließend hinzu: „Ich warne ausdrücklich davor, in der jetzigen Situation auch noch mit exorbitanten Tarifforderungen aufzuwarten. Wir haben insbesondere viele kleine und mittelständische Unternehmen mit dem zurückliegenden komplexen Abschluss schlicht überfordert. Tarifverträge haben früher einmal Mindestbedingungen beschrieben, davon sind wir meilenweit entfernt. Wenn wir immer weiter draufsatteln, wird die Akzeptanz des Flächentarifs weiter sinken. Viele Unternehmer sagen mir schon nicht mehr nur vor vorgehaltener Hand, den Flächentarif müsse man sich erst einmal leisten können.“